Aktuelles
EU Parlament gefährdet Vielfalt und Wahlfreiheit
Am 24. April 2024 wurden im Europäischen Parlament gleich drei wegweisende Entscheidungen getroffen, welche die Zukunft der europäischen Landwirtschaft maßgeblich beeinflussen. Es scheint als sollten die Themen noch schnell vor der Europawahl durchgedrückt werden, ganz „ohne Rücksicht auf Verluste“.
Neue Gentechnik auf dem Vormarsch
Das EU Parlament besiegelte den Entwurf zur Deregulierung neuer Gentechniken, sodass es für die im Juni neu gewählten Abgeordneten des Parlaments schwer werden dürfte, noch Änderungen im Gesetzestext vorzunehmen. Ungeachtet zahlreicher Mängel, wie fehlender Risikoprüfung, Rückverfolgbarkeit und Kennzeichnung und damit einer eingeschränkten Wahlfreiheit für Verbraucher*innen und Landwirt*innen. Nur eine Mehrheit des neuen EU Parlaments wird eine erneute Bearbeitung des Entwurfes ermöglichen, bevor dieser im Trilog von Parlament, Kommission und Rat entschieden wird.
Vielfalt in Gefahr
Im Rahmen eines Dringlichkeitsverfahrens stimmte die Mehrheit der Parlamentarier für die Rücknahme von Umweltauflagen der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP).
Jutta Paulus (MEP, Grüne Fraktion) dazu: „Statt die dringenden Herausforderungen anzugehen, denen kleine landwirtschaftliche Betriebe und ländliche Gemeinden gegenüberstehen, scheint die Kommission den Interessen der industrialisierten Landwirtschaft zu folgen. Den Interessen von Pestizid- und Düngemittelproduzenten wird gefolgt, während Familienbetriebe und der ländliche Raum im Stich gelassen werden. Wer ernsthaft für die Landwirtschaft etwas tun will, muss Klimakrise und Artensterben gemeinsam anpacken. Nur so können wir die Lebensgrundlagen, die Existenzen unserer Landwirt*innen sichern und damit auch die langfristige Ernährungssicherheit.“
Saatgut bewahren (oder nicht?)
Immerhin ein Thema könnte Grund zur Hoffnung geben. Denn das EU-Parlament schlug vor, das Recht von Bäuerinnen und Bauern, den Tausch von eigenem Saatgut und Vermehrungsmaterial in kleinen Mengen untereinander zu schützen. Mit diesem Beschluss wird der Austausch von 500 Gramm Saatgut für Gemüse und zehn Kilogramm für Kartoffeln von den strengen Auflagen für den Saatgutverkehr befreit. Dies gilt allerdings nur für Sorten ohne Sortenschutz, d.h. Erhaltungssorten, bäuerliches Saatgut (Hofsorten) und alle älteren Sorten, bei denen der Sortenschutz abgelaufen ist.
Eine rechte Jubelstimmung mag unter den Verfechter*innen der Vielfalt im Saatgut trotzdem nicht aufkommen: Gefährdete Sorten wurden nicht, wie gefordert, zum Zweck ihrer Erhaltung vom Geltungsbereich des Saatgutrechts ausgenommen. Das bedeutet, dass nur etablierte Erhaltungsorganisationen von der obigen Entscheidung Gebrauch machen dürfen. Ob damit der versprochene Schutz von Vielfalt im Pflanzenbau gesichert ist, bleibt zu bezweifeln.
Quellen und weitere Informationen
Gentechnik
GAP
Saatgut